Worte zur Malerei

Malen heißt für mich einer Fläche Leben zu geben, deshalb ist eines meiner Hauptanliegen die Auseinandersetzung mit den stofflichen Qualitäten eines Bildes, ein unablässiges Befragen der Medien, ein experimenteller teils spielerischer Umgang mit den Materialien, verbunden mit der ständigen Bereitschaft, Erreichtes in Frage zu stellen um Neues zu erproben.

Das Bild ist in erster Linie ein Energiefeld, die Farbe, die Textur und die Formen geben Empfindungswerte ab. Formen und Zeichen können neben ihrem optischen Ausdruck auch archaische Assoziationsträger sein und das Interesse an der für uns verschütteten Symbolsprache wiederbeleben. Sie bieten Möglichkeiten zum Freiwerden des Unbewussten.
Die in den Bildern erscheinenden Runen sind Schriftzeichen eines antiken nord-europäischen Alphabets, das ins frühe Mittelalter zurückreicht, zum Zwecke der Devination ritzten die Runenmeister alter Zeiten sie in Holz oder malten sie auf Steine, und zogen auf diese Weise spirituell-magische Kraft an. Ihre Formen sind aus der Natur abgeleitet und weisen auf bestimmte Wahrheiten über das Leben und den Wandel der Ereignisse hin. Die Symbole wirken, wie vor Zeiten in die Erde geritzt und tragen somit darüber hinaus den Gedanken der Überlieferung. Alithia, das griechische Wort für Wahrheit, ist abgeleitet von dem griechischen Wort: lethe = vergessen, ein Hinweis darauf, wie wichtig die Rückbesinnung auf unsere Geschichte und die Weisheit alter Zeiten ist.

Mir geht es darum, die Wahrnehmung über das Begriffliche hinaus zu sensibilisieren, ein vordergründig am Gegenständlichen haftender Interpretationsansatz fällt aus. Dazu gehört auch die Anregung der Sinne durch die Materie, zu den rein optischen Werten treten die haptischen Eigenschaften. Zu Form und Farbe gesellt sich das Empfinden für Textur und den Entstehungsprozeß. Das hat auch mein Verhältnis zur Farbe mitbestimmt. Viele Pigmente sind farbige Erden oder ergeben durch ein Gemisch mit Sand eine Farbmasse, die selbst materialhaften Charakter erhält und in einer Verbindung mit Marmorstaub, Wachs, Gips, Papiermasse, Pappe die Grundlage für eine variationsreiche Oberfläche schafft. Es entstehen Bilder zwischen Malerei und Relief.

In einer Dialektik von Zerstörung und Wiederaufbau wird die Leinwand mit Spachtel, Messer und Pinsel bearbeitet, gemalt, abgekratzt, hineingeritzt, übermalt bis die vollkommene Konstellaton erreicht ist. Die Farbwirkung wird meist von wenigen Grundtönen bestimmt, die Farbe als Emotionsträger unmittelbar wirkend, kann so ihre Energie frei entfalten.